Achtsamkeitsaspekt: “Geduld”

Philosophisch betrachtet handelt es sich bei ihr um eine Form der Weisheit, die versteht, dass alles Werden seine Zeit zur Fülle braucht.

Im Kontext so mancher Religionen gilt „Geduld“ als eine wichtige Tugend. Philosophisch betrachtet handelt es sich bei ihr um eine Form der Weisheit, die versteht, dass alles Werden seine Zeit zur Fülle braucht. Ein geduldiger „Geist“ ruht zwischen den Zeilen des alltäglichen Geschehens; er ist weder da noch dort sondern genau „HIER“ und „JETZT“. 

 

„Ein ungeduldiger „Geist“ hingegen scheint der Zeit beinahe atemlos hinterher, oder auch davon zu eilen; ähnlich dem weissen Hasen aus „Alice im Wunderland“. Womöglich auf der Suche nach dem grossen Glück, vielleicht besorgt dabei zu spät zu kommen, jagt er dahin und dorthin, und versäumt dabei das „Hierhin“; hier, zwischen eben diesen Zeilen des rastlosen Tuns. So entgehen ihm schliesslich die vielversprechenden, zauberhaften Momente der kleinen Veränderungen, welche den Prozessen des Entstehens wie auch jenen des Vergehens zugrunde liegen.

 

Und dennoch bahnt sich der Weg zur Geduld oft geradewegs durch die Ungeduld. Nicht selten erweist sich die Ungeduld als ein guter, wenn auch etwas unbequemer Lehrer. Es spricht also nichts dagegen, auch mit der Ungeduld zu sein: sie wohlwollend zu beobachten, zu erforschen und zu ergründen. Welche Ursachen ihr auch zugrunde liegen mögen und welche Erkenntnisse sich daraus gewinnen lassen, sie bilden schliesslich den fruchtbaren Boden, auf dem die Geduld vertrauensvoll zu gedeihen vermag.

 

Auf seine einzigartig-poetische Weise nahm sich auch „Rainer Maria Rilke“ dem Wesen der Geduld an und meinte dazu:

 

Man muss den Dingen

die eigene, stille, 

ungestörte Entwicklung lassen,

die tief von innen kommt

und durch nichts gedrängt

oder beschleunigt werden kann.

 

Alles ist austragen – und

dann gebären….

Reifen wie ein Baum,

der seine Säfte nicht drängt

und getrost in den Stürmen des Frühlings steht,

ohne Angst, dass dahinter kein Sommer kommen könnte.

 

Er kommt doch!

Aber er kommt nur zu den Geduldigen,

die da sind, als ob die Ewigkeit 

vor ihnen läge,

so sorglos still und weit….

 

Man muss Geduld haben

Mit dem Ungelösten im Herzen,

und versuchen, die Fragen selber lieb zu haben;

wie verschlossene Stuben und wie Bücher, 

die in einer sehr fremden Sprache geschrieben sind.

 

Es handelt sich darum, alles zu leben.

Wenn man die Fragen lebt, 

lebt man vielleicht allmählich,

ohne es zu merken,

eines fremden Tages,

in die Antwort hinein.

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Übergänge: sie säumen unseren Weg durchs Leben. Man findet sie in jedem unserer Atemzüge, in jedem unserer Schritte. […] Sie liegen zwischen Wachsein und Schlafen, zwischen den Jahreszeiten, zwischen den einzelnen Lebensphasen.

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