Kennst Du dieses Phänomen auch, dieses Gefühl, dass die Zeit immer schneller dahin eilt? Kaum ein Wimpernschlag zu Jahresbeginn und schon zeichnet sich bereits wieder dessen Ende ab. Und dabei nicht den Hauch einer Chance, mit dem Umsetzen der gefassten Neujahrsvorsätze überhaupt beginnen zu können. Den Strom der Zeit etwas zu entschleunigen, scheint ein schwieriges Unterfangen zu sein und nicht selten gestaltet sich der Alltag vor diesem Hintergrund als ein Schleuderkurs, als eine Jagd vom Einen zum Anderen. Schon seit geraumer Zeit beschleicht mich das Gefühl, dass einer der Gründe dafür, darin liegen könnte, dass die einzelnen „Übergänge“ in der strukturellen Gestaltung des Alltags an Bedeutung verloren haben. Scheinbar fehlt es an Raum und Zeit. Doch ist das so? Könnte es sein, dass gerade diese Übergänge das Potential in sich tragen, die „Zeit zu zähmen“? Anlehnend an das Zitat von „Ernst Ferstl“ könnte man vielleicht festhalten, dass „die Zeit die wir uns nehmen, gleichsam Zeit ist, die wir uns schenken“ oder in den Worten von „Franz von Sales“: „Nimm dir jeden Tag eine Stunde Zeit für die Stille, es sei denn Du hast viel zu tun, dann nimm Dir zwei Stunden“. Ein jeder Übergang birgt in sich einen Raum der Stille, in den man ankommen und sich niederlassen kann und aus dem hinaus man schliesslich aufs Neue wieder aufbricht.
Übergänge: sie säumen unseren Weg durchs Leben. Man findet sie in jedem unserer Atemzüge, in jedem unserer Schritte. Man findet sie in unseren Alltagsaktivitäten, während wir von der einen zur anderen Aufgabe übergehen oder wenn wir die Türschwelle von dem einen zum anderen Raum überschreiten. Sie liegen zwischen Wachsein und Schlafen, zwischen den Jahreszeiten, zwischen den einzelnen Lebensphasen. Viele unserer Feiertage und Feste stehen im Zeichen eines Übergangs. Übergänge sind allgegenwärtig und gleichsam auch etwas besonderes, fristen im Alltag aber oft nur noch ein Schattendasein.
Für sich betrachtet, ist jeder Übergang etwas sehr bedeutungsvolles. Das Wesen eines jeden Übergangs lädt dazu ein, das Vorausgegangene abzuschliessen bzw. zurückzulassen um sich, wenn auch nur für eine kurze Pause bloss, ganz im „Dasein“ niederzulassen. Niederlassen, einfach nur um zu Atmen und sich für das Kommende bereit zu machen. Ein bewusstes “von da nach dort” also, möglichst befreit von den „Altlasten“ des „Zuvors“ und bereit für das, was da nun folgen mag.
Wie würde sich der persönliche Alltag wohl qualitativ verändern, wenn gewisse Übergänge mehr der Aufmerksamkeit erhielten; wenn beispielsweise die Übergänge von der einen zur anderen Aufgabe bzw. Aktivität mit einer kurzen Pause bedacht werden würden. Eine Pause die möglichst frei von Ablenkungen wäre und tatsächlich den Raum bieten würde, sich auf das bevorstehende einzustimmen. Liesse sich so die Zeit ein wenig zähmen?
Neugierig auf eine Antwort?
„Rainer Maria Rilke“ würde dazu wohl folgendes zu bedenken geben: „[…] es handelt sich darum, alles zu leben. Wenn man jetzt die Fragen lebt, lebt man vielleicht allmählich, ohne es zu merken, eines fremden Tages in die Antwort hinein.“
Tatsächlich kann diese Neugierde nach einer Antwort zum Wind im Segel des eigenen Bemühens werden, mit den grossen Fragen des Lebens zu sein, sie zu erforschen, sie zu ergründen. Es liegt im Sinne der „informellen Achtsamkeitspraxis“, sich im Alltag liebevoll zu beobachten, um so der Komplexität der inneren Zusammenhänge, welche unser Verhalten und unser Handeln prägen, bewusster zu werden. Auf dem Boden dieses „Bewussterwerdens“ mag das Verständnis darüber gedeihen, weshalb die „Dinge“ sind wie sie sind und bietet so die mögliche Grundlage, um neue Optionen zu prüfen oder um neue Pfade zu beschreiten.